Die Oste, der stille Fluß

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07.02.2020

Die “Madonna” von Bossel
Von Dietrich Alsdorf

Wir wissen nicht wie sie aussah, wie sie hieß.
Sie lebte vor 1100 Jahren in Bossel, dort wo heute der Hof von Hinck steht.
Die unbekannte Bosslerin wäre für immer im Dunkel der Geschichte verschwunden,
wenn sie nicht etwas Kostbares verloren hätte - ihre vergoldete Brosche!

Anders als heute hatten solche Broschen
früher eine praktische Funktion.
Ähnlich einer Sicherheitsnadel
hielten sie Kleidungsstücke zusammen.
Diese Brosche, fachlich eine
“karolingische Emailscheibenfibel” genannt,
ist eines der wichtigsten Funde,
die im Landkreis Stade gemacht wurden.
Sie ist ein Beleg der frühen christlichen Zeit,
einer Zeit, als gerade die erste Taufkapelle
im benachbarten Oldendorf entstand.

Die Darstellung der Fibel zeigt eine Heiligenfigur, wohl die heilige Muttergottes darstellend. Die Farben sind in Zellenschmelztechnik auf eine vergoldete Bronzeplatte aufgetragen. Verwendet wurde Türkis, Ultramarin, Dunkelblau, Geld und Grün.

Vor über 70 Jahren fand
der Bauer Carsten Hinck im rückwärtigen Teil
seines Grundstücks unscheinbare Scherben.

Das Bild zeigt die ungefähre Fundstelle

Eine Ausgrabung förderte die Reste eine so genannten “Grubenhauses” zutage, einem kleinen Wohnhaus, in die Erde gegraben und mit einem auf dem Boden aufliegenden Dach.

Im Haus wurden Reste des Haushalts gefunden, Scherben von so genannten “Kugeltöpfen”, Reste von Mahlsteinen, die aus dem fernen Rheinland nach hierhin importiert wurden.

Und neben dem Haus, eingetreten in den Sand, wurde mehr zufällig die Brosche gefunden

Immerhin belegt dieser Fund, dass es Bossel, was ursprünglich
"Burstal" also “Bauernstelle” bedeutet, schon vor 1100/1200 Jahren hier
an dieser Stelle gegeben hat. Damit gehört Bossel, das bis 1933 “Borstel” hieß,
zu den ältesten Dörfern der Stader Geest.

2001. Bossel von oben:
Auf diesem Foto sind in der unteren Hälfte- eingebettet in das satte Grün
schöner Baumbestände- die 50 Häuser von Bossel, einem Ortsteil der Gemeinde Burweg,
zu ahnen. Von links nach rechts durchzieht die K66 als Verbindung von Burweg
nach Oldendorf den Ort. Im Hintergrund ist der Ortskern von Himmelpforten zu sehen
mit seinem vorgelagerten Industriegebiet an der B 73 - Mitte Bild,
über dem Rapsfeld. Rechts oben sieht man 3 der 4 Windmühlen vom Windpark Kuhla
und ganz oben links erahnt man das Industriegebiet Stade an der Elbe.

Wie der Ortsname schon sagt, wirklich groß ist Bossel nie gewesen. Aus der “Bauernstelle” aus der Zeit vor rund 1000 Jahren haben sich im Laufe der Jahrhunderte schließlich bis zum 18. Jahrhundert lediglich zwei Höfe entwickeln können. Nach den Schriftquellen waren dies um 1500 wie gesagt zwei Höfe und eine Kate. Im Großen und Ganzen blieb das so, erst 1766 sind 13 Hausstellen registriert, insgesamt 13 Familien mit zusammen 78 Einwohnern. Um 1900 waren es bereits 24 Hausstellen mit 114 Einwohnern.

Eine Besiedlung der Bosseler Feldmark ist schon seit der Jungsteinzeit nachweisbar. Ein Großsteingrab, gebaut aus tonnenschweren Findlingen, lag einst bei der “Milchstelle”. Dort legten auch die Bauern der nachfolgenden Bronzezeit ihre Gräber an. Im “Kuhlaer Wald” sind noch heute einige der bronzeitlichen Grabanlagen zu sehen.

Das Bosseler Steingrabauf der “Milchstelle”
ist vernichtet, wie es einstmals aussah, vermittelt
dieses erhaltene Steingrab bei Hammah.

Mit rund zwei Meter Höhe stammt
dieser Grabhügel im Kuhlaer Wald
vermutlich aus der Bronzezeit.

Nur flach heben sich im Kuhlaer Wald die Grabhügel
der jungsteinzeitlichen Einzelgrabkultur,
rund 4000 Jahre alt, von der Umgebung ab.

Anno 1533, das
belegen Schatzregister,
lebten hier als Bauern ein
“Jacob" und ein “Tietke” -
Nachnamen gab es damals noch nicht.
Diese wurden 1541 bereits
“Titke vom Borstell” und
“Jacob vom Borstell” genannt.

Mit nur rund einem halben Meter Höhe
und einem Durchmesser von kaum fünf
Metern stammt dieser Grabhügel im
Kuhlaer Wald aus der frühen Eisenzeit,
rund 2500 Jahre alt. Mit dieser Periode
endet bei uns der Brauch, Grabhügel
für die Verstorbenen zu errichten.

Nach diesem Ausflug in Bossels urgeschichtliche Zeiten wagen wir jetzt einen
Zeitsprung in die jüngere Vergangenheit des 20. und 21. Jahrhunderts...

In den vergangenen 100 Jahren ist
Bossel kontinuierlich gewachsen zu
einem 200-Seelen-Dorf, in dem fast
jeder noch fast jeden kennt und in
dem Traditionen noch gepflegt werden
bzw. wiederentdeckt werden ...

So präsentiert
Bossel sich heute
dem Besucher,
der aus Richtung
Himmelpforten kommt.

wie z.B. auf diesem Foto.
5 “Inbidders” waren unterwegs,
um für’s Dorffest 2001 einzuladen!

Von Links:
Stefan Beier, Ralph Hartung,
Johann Gooßen, Jürgen Skrey
und Heiko Meyer.

Der Inbidder, der zu Hochzeiten und zu Beerdigungen einlud,
gehört ebenso zu den Traditionen wie das Faslom, nur dass den Herren
heute die Musik abhanden gekommen ist ...

1950
Ein Bild vom Faslom der Bosseler,
aufgenommen auf dem Hof von Heinz-Otto Funk in Blumenthal.
Bildarchiv: Bernhard Gooßen, Buxtehude

V.l.n.r. stehend: Heinz-Otto Funk, Erwin Haack, Hinrich Dankers, N.N., Günther Kensik (Trompete),
Kurt Hellwege, Klaus Hinrichs, N.N. (Pauke), N.N., Hans-Heinrich Grell, N.N., N.N.,
Adolf Kensik (Tenorhorn), Adolf Heinsohn.
Sitzend v.l.n.r.: Paul Römer, N.N., Siegfried Kathman.

1951
Neujahrwünschen in Bossel,
Bildarchiv: Hans Breuer, Bossel

Gespann v. Gooßen, Fahrer A. Schomacker, 2x Kensik, H. Breuer, H.H. Grell, Kensik

Schützenfest von 1930 bei Hellwege in Bossel
Bildarchiv: Bernhard Gooßen, Buxtehude

N.N., Kl. Dankers, N.N., B. Breuer, N.N., H. Grell, J. Hellwege, H. Finck, N.N., H. Hellwege, 4x N.N.,
Präsident H. Horeis sitzend, König Martin Hellwege mit Begleitdamen Meta Gooßen und Christine Hagenah
3x N.N., Karsten Hinck, N.N., H. Hagenah, N.N., H. Hellwege, N.N.

Schützenumzug von 1939 in Bossel
Bildarchiv: Hans Breuer, Bossel

Johs. Heinbokel, K. Banz, B. Breuer, Kl. Wolper, H. Gooßen, F. Vollmers, H. Wolper, N.N.,
E.H. Breuer, Lehrer Köpke, H. Dankers, H. Breuer, H. Horeis, Hinr. Dankers, H.H. Grell

1961
Wenn Hochzeiten gefeiert wurden,
dann traditionell die Suppen-Hochzeit bei Schomaker auf dem Saal!
Die Aufpasserfrauen beim Fototermin anläßlich der Hochzeit
von Heinz-Otto & Erika Funk am 6. Mai 1961 in Schomakers Gasthof in Bossel.
Bildarchiv: Erwin Krüger, Blumenthal.

Von Links:
Anna Spreckels, N. Matthiesen, Käte Öllerich, Anna Peters, Frau Kahrs, Berta Milnickel, Marie Reuter,
Franz Schlichting, Inbidder und Verantwortlicher für den reibungslosen Ablauf der Hochzeit.
Erika Meyer, Sophie Spreckels, Alma Elfers, Marie Müller, Mimmi Wichers, Trude Teske,
Sophie Fäscher. Oben vor der Eingangstür: Tine Tiedemann und Tine Krüger.

Der große Moment ist gekommen! Die Suppe wird aufgetragen!

Von Links: Tine Krüger, Marie Reuter, Alma Elfers, N. Matthiesen,
Sophie Spreckels, Sophie Fäscher und Käte Öllerich.

15.10.1954 Hochzeit von Anna und Hans Breuer in Bossel
3 Bilder Bildarchiv: Hans Breuer, Bossel

Auf dem Hof Breuer: Brautpaar und Gäste sind abmarschbereit zum Hochzeitsfest.

Mit musikalischem Geleit geht es zu Gastwirt Grell.

Der festlich geschmückte Brauttisch für das Hochzeitspaar und die nächsten
Angehörigen steht traditionell vor der Bühne, auf der die Musikkapelle spielt.

1934
Gasthof Grell, später Schomackers Gasthof
Bildarchiv: Bernhard Gooßen, Buxtehude

Natürlich hatte Bossel auch seinen Gasthof. Gaststube und Saalbetrieb wurden ergänzt
durch einen kleinen Tante-Emma-Laden und den Betrieb einer Viehwaage und eines
Briefkastens. Das Gebäude ist bis heute in seiner ursprünglichen Ansicht erhalten
geblieben, wurde über die Jahre stilecht und liebevoll saniert und baulich erweitert.
Als Dorfkneipe wird es heute nicht mehr genutzt.

1934
Die alte Schule in Bossel...

war eine typische Zwergschule, d.h. eine kleine Dorfschule, in der alle Klassenstufen
in einem Raum von einer Lehrkraft unterrichtet wurden. Bis 1963 wurden die
Bosseler Kinder in dieser Schule unterrichtet, zuletzt von Lehrer Kurt Reim.
Heute wird die ehemalige Schule für Wohnzwecke genutzt.

Mehr von den “Ehemaligen” dieser Schule hier.

Die Bosseler Dorfschule zwischen 1893 und 1964
von Bernhard Gooßen

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