Die Oste, der stille Fluß

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07.02.2020

Die Zwergschule in Bossel - eine früher typisch dörfliche Schulform

In der einklassigen Bosseler Dorfschule wurden von 1893 bis 1964 die Kinder aller
Jahrgangsstufen gleichzeitig in einem Klassenraum von einem Lehrer unterrichtet
und so über mehrere Generationen hinweg auf das Leben vorbereitet.

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Ein Ehemaliger dieser Schule, berichtet aus der Chronik und aus Erzählungen.

Bernhard Gooßen Jahrgang 1943, ist in Bossel geboren und auf dem elterlichen Bauernhof aufgewachsen, der sich seit 1765 in den Händen seiner Vorfahren befindet. Viele Kindheitserinnerungen verknüpft er mit der Oste, ihren Deichen und den angrenzenden Wiesen in Blumenthal, die zum Hof Gooßen gehörten.

Nach dem Verlassen der Bosseler Zwergschule startete er seine berufliche Karriere bei der Hamburger Polizei und brachte es bis zum Leitenden Polizeidirektor und Diplom-Verwaltungswirt. Während seines ereignisreichen 42-jährigen Berufslebens hatte er verschiedenen Leitungsfunktionen inne, zuletzt als Leiter der Wasserschutz-Polizei Hamburg bis zu seiner Pensionierung 2003.

Möglicherweise ist seine maritime Berufswelt - mit der Zuständigkeit für den Hamburger Hafen und für die Elbe bis Cuxhaven - bereits in seiner Kindheit begründet durch die Liebe zur heimatlichen Oste.

Heute wohnt Bernhard Gooßen mit seiner Frau Ursula in Buxtehude-Immenbeck, befasst sich mit der Dorf- und Familiengeschichte seiner Vorfahren, ist in verschiedenen Sportarten aktiv und macht viele Radtouren, mit Vorliebe auch in seiner alten Heimat entlang der Oste.

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Die Volksschule in Bossel

In der einklassigen Dorfschule wurden die Kinder aller Jahrgangsstufen gleichzeitig in einem Klassenraum von einem Lehrer unterrichtet und so über mehrere Generationen hinweg auf das Leben vorbereitet.

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Das Schulgebäude

   1893 fand die Einweihung des damals neuen Schulgebäudes statt. In diesem Gebäude wurden die Kinder über rund sieben Jahrzehnte unterrichtet bis die Volksschule Bossel letztendlich Ostern 1964 aufgelöst wurde. In dem mit geölten Holzdielen ausgelegten Klassenraum befanden sich ein Kohle-Ofen und natürlich die hölzernen Schulbänke, kombiniert mit schrägen Tischflächen, die Ausnehmungen für das Tintenfass und für die Schreibgeräte enthielten. Später ersetzte man diese Schulbänke, die für größere Schüler denkbar eng waren, durch moderne Stahlrohrmöbel mit separaten Tischen und Stühlen.In den großen Ferien 1934 wurde die "Schulstube" nämlich von oben bis unten neu gemalt, gebohnert und verschönt. Tischler Oellerich aus Blumenthal hatte aus den alten Holzbänken 10 neue Tische gebaut; 20 Stahlrohrstühle, ein großer Lehrmittelschrank und eine lange Wandtafel füllten den Raum und "machten ihn behaglich". Im Erdgeschoss des Schulgebäudes befand sich neben dem Klassenraum eine Wohnung für die Familie des jeweiligen Lehrers. Dazu gehörte ein großer Garten, der sich vom Schulhof bis zum Laufgraben erstreckte.

Das Nebengebäude diente als Stallung und Vorratsraum, in dessen Anbau befand sich die Latrine. Die Wasserversorgung erfolgte damals über eine Zisterne. Im Juni 1938 wurde im Stallgebäude eine Waschküche eingebaut mit einer neuen Pumpe für die Zisterne. Der großflächige Schulhof zwischen Schule und Friedhof wurde für die Pausen genutzt und diente zugleich als Sportplatz. Im Obergeschoss des Schulgebäudes befand sich eine weitere Wohnung.

Heute wird dieses ehemalige Schulgebäude in Gänze ausschließlich für Wohnzwecke genutzt.

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Lehrer Karl Schulz mit seinen Schülerinnen und Schülern 1932

stehend: Marga Stelling, Elisabeth Hinck, Käthe Heinbockel, Adi Breuer, Christa Grell,
Hinrich Hagenah, Heinz Stelling, Klaus Wolper, Käthe Hagenah, Anni Heinbockel,
Alida Horeis, Grete Hinck
sitzend: Erwin Haack, Ernst-Hermann Breuer, Hans Wolper

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  Die Lehrerschaft

Für die Schulkinder und deren Eltern des Dorfes Borstel, das ab 1934 in Bossel umbenannt wurde, gab es die folgenden Epochen mit verschiedenen Lehrkräften:

 1890 Lehrer Hermann Tiedemann begann 1890 mit dem Schulunterricht in Borstel. Aus der Zeit davor liegen keine Überlieferungen vor. Er verließ Borstel Ostern 1896 und wurde Organist in Bevern bei Bremervörde.

 1896 Lehrer Karl Schulz trat den Schuldienst in Borstel am 13.04.1896 an. Seine Wahl für die freigewordene Stelle fand in der Pfarre in Oldendorf statt unter Leitung von Pastor König und in Anwesenheit des Schulvorstandes aus Borstel. Die Schulaufsicht lag seinerzeit noch bei der Kirche; Kreisschulinspektor war Pastor Arfken aus Stade und Lokalsschulinspektor Pastor König aus Oldendorf. Lehrer Schulz unterrichtete die Jungen und Mädchen von Borstel fast 38 Jahre lang bis zu seiner Pensionierung am 31. März 1933.

 1933 Lehrer Werner Frommke, der auf eigenen Wunsch von der Dorfschule Süderdeich in Kehdingen nach Borstel versetzt wurde, trat die Nachfolge von Lehrer Schulz am 1. April 1933 an. Er unterrichtete fünf Jahre lang in Bossel und bekam 1938 die Schule in Bliedersdorf angeboten..

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Lehrer Werner Frommke mit seiner Schulklasse 1936

stehend v.l.n.r.: Grete Hinck, Alida Horeis, Johanne Reck, Elisabeth Hinck, Adi Breuer,
Christa Grell, Käthe Heinbockel, Marga Stelling, Hinrich Hagenah, Heinz Dankers,
Lehrer Werner Frommke, Hans Wolper, Ernst-Hermann Breuer
sitzend v.l.n.r.: Käthe Grell, Heinz Stelling (kniend), Hans Breuer (davor mit Kopfverband),
Liselotte Frommke, Erwin Haack

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Beim Flötenspiel mit Lehrer Köpke 1939

hintere Reihe v.l.n.r.:
Martha Mangels, N. N.,
Lehrer Köpke,
Werner Hinck,
Heinz Dankers,
Hans Breuer,
Hinrich Dankers,
Herbert Horeis,
MarenKöpke
vordere Reihe v.l.n.r.:
Elfriede Horeis,
Hans-Heinrich Grell,
Meta Holthusen, N.N.
ganz vorn: Käthe Hinck

Zwei Konfirmandinnen in Oma-Tracht 1939

v.l.n.r.: Hinrich Dankers, Elfriede Horeis (verh. Hinrichs), Maren Köpke,
Marga Stelling (verh. Hofacker), Käthe Dankers (verh. Torborg), N.N., N.N.,
Martha Mangels (verhl. von Holten), Käthe Grell (verh. Schomaker), Werner Hinck,
Hans Breuer, Heinz Dankers (verdeckt), Hans-Heinrich Grell (vorn), Herbert Horeis

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 1938 Lehrer Georg Köpke übernahm am 1. April 1938 den Schulunterricht in Bossel. Neben seiner Tätigkeit als Lehrkraft spielte er während der NS-Zeit in Bossel eine dominierende Rolle; so war er Ortsgruppenleiter der NSDAP Ortsgruppe Oldendorf. Von Mai 1945 bis Juni 1946 wurde er durch englische Truppen in ein Internierungslager gebracht. Im Juni 1946 erfolgte seine Entlassung aus dem Schuldienst.

 1945 Lehrer Gustav von der Werth, der 1945 als Heimatvertriebener von Ostpreußen nach Burweg kam, wurde zunächst am 15.09.1945 mit der Verwaltung der Schulstelle in Bossel beauftragt und am 08.09.1949 unter Berufung in das Beamtenverhältnis in den öffentlichen Schuldienst des Landes Niedersachsen übernommen. Seine innere Verbundenheit mit der alten Heimat im Memelland kam oft auch im Unterricht zum Ausdruck; mit Vorliebe ließ er von den Kindern das Ostpreußenlied "Land der dunklen Wälder..." singen. Am 19. November 1951 verstarb Gustav von der Werth nach einer Nierenerkrankung.

 1952 Lehrer Kurt Reim wurde am 1. März 1952 von der Regierung Stade auf seinen Wunsch von der zweiklassigen Volksschule Sauensiek an die einklassige Volksschule in Bossel versetzt. Er unterrichtete hier 12 Jahre lang. Obwohl seine Versetzung in den Ruhestand zu Ostern 1964 anstand, wollte man die Schule wegen der geringen Kinderzahl bereits Ostern 1963 auflösen; die Gemeinde weigerte sich allerdings mehrmals dies zu beschließen und erreichte, dass die Volksschule Bossel erst 1964 zeitgleich mit der Pensionierung von Lehrer Reim aufgelöst wurde. An seinem letzten Schultag, dem 31. März 1964, erhielt Kurt Reim seine Pensionsurkunde. Die Kinder von Bossel besuchten ab 08.04.1964 die Mittelpunktschule in Oldendorf.

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Nadelarbeitsunterricht
im Freien mit Frl. Eggers
Sommer 1941
v.l.n.r.: Frl. Eggers, (Nadelarbeitslehrerin
aus Himmelpforten),
Käthe Grell,
Martha Mangels,
Elfriede Horeis,
Maren Köpke,
Marianne Hinck,
Meta Holthusen (vorn)

Diese Lehrkräfte waren es, die über viele Jahrzehnte hinweg die Kinder aus Borstel bzw. Bossel entsprechend dem jeweiligen Zeitgeist in unterschiedlicher Weise erzogen, beeinflusst und geprägt haben; allesamt getragen von dem guten Willen, die ihnen anvertrauten jungen Menschen möglichst gut auf das Leben vorzubereiten.
Darüber hinaus galten die Lehrer im Ort auch als Meinungsführer, deren Wort Gewicht hatte. Zudem befanden sie sich in sozialer Verbundenheit mit der Elternschaft und den Dorfbewohnern; sie waren durchweg integrierte Mitglieder der Dorfgemeinschaft mit allen ihren Sitten und Bräuchen.

So ist es nur allzu verständlich, wenn Lehrer Schulz 1933 während seiner Abschiedsfeier dem Schulrat Sommer für dessen als warm empfundener Rede dankt und zu Tränen gerührt fortfährt:
"Wenn man 38 Jahre in einer Gemeinde als Lehrer tätig war und drei Generationen sozusagen geistiger Führer war, wenn man zudem bedenkt, dass eine kleine Gemeinde, wie sie Bossel ist, im Grunde nur eine große Familie bildet, kann man begreifen, dass Rührung nur ein schwacher Ausdruck für die wahren Gefühle ist."

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Lehrer von der Werth mit seiner Schulklasse 1948

Mobere Reihe stehend v.l.n.r.:
Horst Czarkowski, Hermann Michaelsen, Horst Richter, Günter Riemke, Kurt Hellwege,
Helga Czarkowski, Gisela Matthiesen, Hinrich Behrens, Adelheid Dankers, Winfried Richter,
Hilda Hagenah, Klaus Hinrichs, Johann Gooßen, Lehrer Gustav von der Werth
untere Reihe sitzend v.l.n.r.:
Waltraud Riemke, N.N., Grete Behrens, Reinhard Gudat, Johann Michaelsen, Hinrich Hellwege,
Irma Thom, Hänschen Siebert, Jürgen Richter, Hinrich Michaelsen, Artur Thom

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Bezüglich der materiellen Ausstattung der Schule und der Lehrerwohnung standen die Lehrer zugleich in gewisser Abhängigkeit zu den Gemeindevertretern und in sog. schlechten Zeiten hinsichtlich ihrer Versorgung gelegentlich auch zu den ansässigen Bauern.

Inwieweit die Lehrer es in den Nachkriegszeiten geschafft haben, gegenüber allen Kindern - ob "Hiesige" oder "Flüchtlinge" - gleichermaßen neutral und gerecht zu sein, vermag der Verfasser nicht abschließend zu beurteilen.

Gleichwohl verdienen sie alle großen Respekt für ihre Leistungen in der Unterrichtung der Kinder unter oft denkbar ungünstigen Bedingungen und für ihr zusätzliches Wirken zum Wohle der Dorfgemeinschaft.

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Schulausflug Bossel und Blumenthal 1950/51 - Auf einer Barkasse
(mit einer weiteren unbekannten Schulklasse)

hintere Reihe v.l.n.r.: Lehrer Gustav v. d. Werth, Schiffsführer (mit weißer Mütze),
Lehrer Johann Kahrs, 2x N.N. (mit Hut, Lehrer?), N.N., Helga Schlichting
vorletze Reihe v.l.n.r.: Johann Gooßen (mit dunkler Mütze), N.N., Klaus Hinrichs, Hannchen Dittmann,
Marianne Oellerich, 4x N.N., Waltraud Riemke, Hilda Hagenah, Gisela Borchers, Adelheid Dankers, N.N.
mittlere Reihe v.l.n.r.: 2x N.N., Wilfried Richter, 2x N.N., Reinhard Gudat, Maria Breuer,
8x N.N., Grete Behrens, ... Andersohn, 3x N.N.
vordere Rihe v.l.n.r.: Hinrich Behrens, Hermann Michaelsen, 9x N.N., Hinrich Sethmann, N.N.

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  Die Schulkinder

Die Gesamtzahl der Schulkinder und ihre Gliederung nach Jahrgangsstufen war über die Jahrzehnte hinweg naturgemäß sehr unterschiedlich und am geringsten während des 2. Weltkrieges, nämlich 1943 mit 10 Kindern. Die einmalige Höchstzahl von 30 Schülern im Jahre 1884 wurde nie wieder erreicht.
Die Aufzeichnungen über Schülerzahlen beginnen für 1872 mit 20 Kindern und bewegen sich fortlaufend im zwanziger Bereich auf und ab bis 1924 mit 23 Knaben und Mädchen. Danach sank die Zahl auf 15 und blieb bis 1944 überwiegend darunter. Erst zum Ende des Krieges stieg die Zahl wieder auf 26 und sank erstmals 1952 wieder unter die 20iger Marke.
Im Jahre 1962 wurde in Niedersachsen das 9. Schuljahr eingeführt. Da für die umliegenden Orte nur zwei 9. Klassen eingerichtet wurden, mussten zwei Mädchen mit dem Fahrrad nach Oldendorf fahren.

Als zu Ostern 1963 noch 11 Jungen und 7 Mädchen zur Schule gingen, wollte man die Schule auflösen. Die Gemeinde Bossel hat sich mehrmals geweigert dies zu beschließen und beantragt, die Schule noch bis zur Pensionierung des Lehrers Reim zu Ostern 1964 bestehen zu lassen.

Ostern 1964 traten keine Schulneulingen in die Bosseler Volksschule ein,
es wäre bei 18 Kindern geblieben:
 in der 2. Klasse = 2 Kinder, 3. Kl. = 2 Kinder,
         4. Kl. = 3 Kinder, 5. Kl. = 3 Kinder,
         6. Kl. = 3 Kinder, 7. Kl. = 1 Kind,
         8. Kl. = 1 Kind, 9. Kl. = 3 Kinder.
Bei diesem Stand wurde die Volksschule Bossel aufgelöst; die Kinder aus Bossel
besuchten seit dem 08.04.1964 die Mittelpunktschule in Oldendorf.

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Lehrer Reim mit seiner Schulklasse 1954

stehend v.l.n.r.:
Hermann Michaelsen,
Bernhard Gooßen,
Johann Gooßen,
Anne-Magret Hellwege,
Grete Behrens,
Lehrer Kurt Reim,
(davor:)
Lisa Reim, Irma Thom,
Helga Hömke,
Johann Michaelsen,
Hinrich Hellwege
knieend v.l.n.r.:
Bernhard Riemke,
Kurt Holthusen,
Klaus Behrens,
Werner Jungclaus,
Artur Thom

  Der Schulbetrieb

Aus einer solchen Zusammensetzung der verschiedenen Jahrgänge in einem Klassenraum wird deutlich, welche pädagogischen und didaktischen Probleme die Lehrer in den einklassigen Volksschulen zu bewältigen hatten.
Inhaltlich war ein solcher Unterricht nur in der Weise zu gestalten, dass sich der Lehrer jeweils mit den Schülern eines oder bestenfalls zweier Jahrgänge direkt befasste, während er die übrigen Schüler anderweitig beschäftigte, indem er ihnen Aufgaben zuteilte.
Oft wurden die Jungen und Mädchen aus höheren Klassenstufen in die Unterrichtsgestaltung einbezogen, indem sie ihre Mitschüler unterer Stufen unterwiesen und anleiteten, während sich die Lehrkraft dann beispielsweise mit den mittleren Jahrgängen befasste.
Dies hatte zugleich den Effekt, dass sich die älteren Schüler im Sinne einer Wiederholung intensiv mit dem Lehrstoff  der jüngeren beschäftigen mussten.

In den Halbjahres-Zeugnissen gab es Schulnoten für folgende Fächer bzw. Faktoren:

Verhalten in der Schule, Beteiligung am Unterricht, Religion, Gesamtunterricht,
Deutsch (mündlich / schriftlich), Handschrift, Geschichte, Heimatkunde / Erdkunde,
Rechnen, Naturkunde, Naturlehre, Zeichnen, Musik, Sport

Jahrgangsübergreifender Unterricht gleichzeitig für alle Schüler erfolgte in der Regel nur in den Fächern Sport, Musik und Zeichnen.

Das neue Schuljahr begann und endete traditionsgemäß immer zu Ostern, allerdings gab es 1941 eine neue Einteilung, wonach das Schuljahr nach Schluss der Sommerferien endete.
Ebenfalls 1941 wurde die neue "Deutsche Normalschrift" eingeführt. Sie enthielt das von der Jugend geschriebene lateinische Alphabet. Die bis dahin gepflegte "Deutsche Schrift", auch Sütterlinschrift genannt (nach dem dt. Pädagogen und Grafiker L. Sütterlin), sollte nicht mehr geschrieben werden; ebenso sollte die deutsche Druckschrift aus den Lehrbüchern verschwinden.

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Kriegerdenkmal-Einweihung am 15.11.1959 (Volkstrauertag)

Mädchen-Gruppe: Marlies Hellwege, Käthe Tiedemann, Monika Gooßen, Karin Jungclaus,
Karin Gooßen, Anneliese von Holten, Annegret Heinbcoekl, Elke Hofacker,
Hildegard Heinbockel, Annegret Tiedemann
Jungen-Gruppe: Heino Schomacker, Werner Jungclaus, Willi Heinbockel,
Klaus Behrens, Dirk Hinck, Werner Hofacker, Kartsen Hinck

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Der zweite Aspekt des Unterrichtsgeschehens in einklassigen Volksschulen war neben der inhaltlich-didaktischen Gestaltung natürlich die pädagogische Komponente.
Unter den beschriebenen Umständen war es besonders wichtig, ein ruhiges Lernklima zu gewährleisten, in dem erfolgreich gearbeitet werden konnte. Hierfür waren wohl Formstrenge und Disziplin die hauptsächlichen Kriterien, sicherlich im Laufe der Zeit in unterschiedlich starker Ausprägung.

Noch Ende der 40er und Anfang der 50er Jahre war es durchaus üblich, den Schulunterricht mit einem gemeinsamen Gebet zu beginnen und zu beenden.
Während des Unterrichts hatten die Schüler still zu sitzen und sich diszipliniert zu verhalten, Schwatzen oder Vorsagen waren nicht erlaubt; derartige Verstöße wurden dementsprechend gerügt und erforderlichenfalls auch geahndet.

Je nach Schweregrad des Fehlverhaltens gab es eine gewisse Abstufung im Sanktionsverhalten des Lehrers. Zeigte die mündliche Rüge keinen ausreichenden Erfolg, so wurde ein Gespräch mit den Eltern angedroht oder auf die nachteilige Auswirkung für die Schulnote hingewiesen oder im Wiederholungsfalle auch ein Eintrag im Schulzeugnis vorgenommen.

In der konkreten Situation konnte schon einmal ein Schlag mit dem Zeigestock auf die Finger oder mit dem breiten Lineal auf den Hintern für den nötigen Respekt sorgen. Im Musikunterricht, den der Lehrer häufig mit der Geige begleitete, vermochte er den Geigenstock gelegentlich ebenfalls zweckentfremdet einzusetzen.

Das zwangsweise Umsetzen von den hinteren Bänken der älteren Schüler in  die vorderen Reihen der jüngeren empfand man als entwürdigende Herabstufung, weil es auch gelegentlich zum Gespött der Mitschüler führte. Ein Hinausweisen aus dem Klassenraum war hingegen relativ schnell verwunden.

Ein beliebtes Sanktionsmittel war das Nachsitzen. Während nach Schulschluss alle Schüler nach Hause gingen, musste der so Bestrafte im Klassenraum verbleiben und eine Strafarbeit fertigen; gelegentlich bestand die im vielfachen Aufschreiben des gleichen vorgegebenen Satzes (z.B. "Ich darf nicht ...").
Der Nachsitzende durfte sich erst aus der Schule entfernen, wenn ihm dies der Lehrer erlaubte. Dabei kam es einmal vor, dass der Lehrer zum Mittagessen in seine nebenan befindliche Wohnung ging und ob seines anschließenden Mittagsschlafs den nachsitzenden Schüler gänzlich vergaß.

Erst als seine Frau nach geraumer  Zeit den Klassenraum betrat, entdeckte sie das Versäumnis ihres Mannes.
Zu Hause spielte dieser Umstand für den Schüler aber keine Rolle, im Gegenteil: Nachsitzen wurde von den Eltern zusätzlich bestraft, denn schließlich musste es dafür ja einen Grund gegeben haben!

Natürlich lieferten die Schüler immer wieder genügend Anlass zum Tadeln. So auch in einer Sportstunde auf dem Schulhof; es stand Schlagball-Weitwurf an und die kleinen harten Lederbälle waren bereits ausgegeben.
Die Schüler machten Zielwerfen - und zwar auf die dort laufenden Gänse des Lehrers. Einer hatte das "Glück", eine Gans genau am Kopf zu treffen; sein Pech war nur, dass genau in diesem Moment der Lehrer hinzukam und noch sah, wie sich seine Gans im Kreis drehte und schließlich liegen blieb. Welche der denkbaren Reaktionen seitens des Lehrers erfolgten ist nicht überliefert.

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Schulklasse 1962 in der VS Bossel

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  Die schulischen Ereignisse im Zeitgeschehen

Im Laufe der Jahrzehnte gab es rund um den Schulbetrieb der Volksschule Bossel vielfache Zeitgeschehnisse und besondere Ereignisse, die im Zusammenhang standen mit der Geschichte des Dorfes Bossel oder auch mit der deutschen Geschichte insgesamt. Nur einige Schlaglichter sollen davon mitgeteilt werden.

Ein schulischer Höhepunkt war zu damaliger Zeit der 22. März 1897, an dem auch in der Schule zu Borstel der 100-jährige Geburtstag seiner Majestät des Hochseligen Kaisers Wilhelm des Großen (Wilhelm I., verst. 9.3.1888) schulgemäß gefeiert wurde:

Zunächst sangen die Kinder die erste und zweite Strophe des Liedes "Lobe den Herren, den mächtigen König", danach hielt Lehrer Schulz eine Ansprache über die Bedeutung dieses Tages.
Es folgten Deklamationen (Aufsagen von Gedichten) und Vaterlandslieder. Danach wurde ein Gebet für Kaiser und Reich gesprochen und die Feier mit der dritten und vierten Strophe des Liedes "Lobe den Herren" beendet.

1933 feierte der Kleinkaliber-Schießverein in Bossel wie regelmäßig alljährlich am ersten Pfingsttag sein Schützenfest. Um besonders den Kindern einen Freudentag zu bieten, trat Lehrer Frommke dem Verein bei und organisierte ein Kinderschützenfest.
Alle Kinder trafen sich Pfingstmorgen auf dem Schulhof und "schossen einen aus" mit einem alten Luftgewehr. Hans Wolper und Johanne Reck wurden König und Königin. Mittags 13 Uhr trafen sich dann die Jungs und Deerns, bunt geschmückt vor Heini Grells Wirtschaft.

Die Musikanten stellten sich vor den Zug der kleinen Schar. Sie spielten "etwas durchhin", zwei schmetterten den Marsch von Blatt 2, zwei von Blatt 3. Aber Marsch ist Marsch, die Hauptsache der "Pett" stimmt.

König und Königin wurden abgeholt, dann noch der große Schützenkönig - Ludwig Otte, Knecht bei Peter Stelling - mitgenommen und zum Schießstand geleitet.
Nachmittags war dann Sackhüpfen, Eierlaufen, Karrenschieben, Stangenklettern, Kringelbeißen u.a.m. für die Göhren. Hermann Hölting und Heini Grell hatten viel süßen Kram gestiftet. Oma, Opa, Mutter, Vater und viele Andere lachten sich weg.

Man schrieb ebenfalls das Jahr 1933. Bauer Bernhard Breuer schenkte der Schule 9 Mark. Lehrer Frommke kaufte der Schule dafür einen Faustball.

Von da an füllte ein "mörderisches Faustball- und Handballspiel" mit viel Kreischen und Lärmen Pausen und Spielnachmittage aus. Abends kamen die jungen Leute und wollten auch mit dem Ball spielen. Und es wurde gespielt; fast Abend für Abend. Zuerst mit Jacke, Mütze und Brösel zwischen den Zähnen. Als aber ein Landhelfer die Sache als Sportsmann in die Hand nahm, kam Schwung hinein. Die jungen SA-Leute stießen dazu und vom 1.6.1933 wurde ein Turnverein gegründet. Abend für Abend war auf dem Hofe Hochbetrieb, besonders als die Deerns aktiv mitmachten.

Am 17.09.1933 wurde auf Hagenah's Weide ein kleines Sportfest aufgezogen. Die Bauern spielten Schiedsrichter, Hellwege lieh sein Radio zur Festmusik. Das ganze Dorf sah zu. Die Tänze der Kinder brachten den Frauen viel Spaß.
Bürgermeister Hölting verkündete um 18 Uhr die Sieger. Heini Grell schenkte Brause und Bier aus.

Wegen Kohlenmangels wurde der Unterricht von Anfang Januar bis Mitte Februar 1940 ausgesetzt; die Temperaturen waren unter -20° gesunken. Ebenso gab es "Kohlenferien" von Ende Januar bis Anfang März 1942.
Außerdem musste die Schule wiederholt wegen drohender oder erfolgter Angriffe der alliierten Streitkräfte geschlossen werden oder auch weil sie vorübergehend von Soldaten belegt war.

Nach dem Kriege verbesserte sich dann die Schulsituation fortlaufend. Ein kontinuierlicher Schulbetrieb konnte wieder gewährleistet werden. Begleitende Schulveranstaltungen wie Sportfeste, Weihnachtsfeiern und vor allem Schulausflüge begeisterten die Schüler.
Die Schule Bossel unternahm vielfältige Ausflüge, häufig gemeinsam mit Blumenthal. So ging es per Bus in die Holsteinische Schweiz und an die Ostsee, nach Hamburg verbunden mit einer Hafenrundfahrt und der Flughafenbesichtigung, nach Bremerhaven und Bederkesa, in die Lüneburger Heide, zur Porta Westfalica und zu vielen anderen Ausflugszielen.

Regelmäßig veranstaltete der Kulturkreis Stade für die Schulkinder Fahrten nach Hamburg zur Aufführung der Weihnachtsmärchen im Deutschen Schauspielhaus, was für alle Beteiligten bis ins Erwachsenenalter hinein unvergessliche Erlebnisse blieben.

Am Volkstrauertag 1959 wurde in Bossel im Beisein der Schulkinder das Kriegerdenkmal eingeweiht. Bürgermeister Hagenah sprach einleitende Worte, die Kinder trugen zwei Gedichte vor, und Pastor Ullrich aus Oldendorf hielt die Ansprache.
Bereits im Frühjahr 1957 war der Platz des Denkmals inmitten des Dorfes  neu angelegt worden, nachdem zuvor die Tannen und Fichten gefällt und auch das letzte Ende der Klinkerstraße entlang des Denkmals gelegt worden war.
Eine neue Gedenktafel mit den Namen der in beiden Weltkriegen gefallenen Soldaten aus Bossel war an dem großen Felsstein angebracht worden.

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Laternegehen im September 1962

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Vom 1. - 3. September jeden Jahres, so auch 1962, gingen die Kinder in der Dämmerung mit ihren Laternen durch das Dorf und sangen die bekannten Lieder: Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne ...; Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir, mein Licht ist aus ...; Guter Mond du gehst so stille ...; Abend wird es wieder ...
Dabei kam es schon einmal vor, dass eine Laterne abbrannte, was die Kinder, vor allem aber das betroffene Kind, sehr traurig stimmte.

Die Kinder aus den Generationen der einklassigen Volksschule in Bossel wuchsen in der behüteten dörflichen Gemeinschaft auf, wurden zu rücksichtsvollem Sozialverhalten mit Respekt vor älteren Menschen erzogen und entsprechend der jeweils bestehenden Bedingungen bestmöglich im Schulunterricht auf das Leben vorbereitet.
Rückschauend wissen die Ehemaligen dieser Schule, dass ihre Schulausbildung effektiv und erfolgreich war und ein gutes Fundament bildete für den Beruf und die übrige Lebensgestaltung. Gern erinnern sie sich an die Zeit in ihrer kleinen Dorfschule in Bossel zurück.

   Bernhard Gooßen

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Zeitzeugen des ersten und zweiten Weltkrieges
aus Bossel erzählen / berichten.
Von Bernhard Gooßen

mehr über Zwergschulen in
Deutschland bei Wikipedia

 

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